Monika Schuppisser-Brändle

Autorenbild_Monika-Schuppisser-Braendle

ERDBEERSTERN

Ausgabe August 2016

 

Als Single mit Cowboy-Boots in den 7. Himmel

Einen Mann wollte man Nele vorstellen?! Oh ne, nein danke! Sie hatte nach den Erlebnissen während den letzten Monaten gestrichen die Nase voll…

Nach einer mehrjährigen Beziehung und dem Wissen, nicht alleine alt werden zu wollen, waren die Enttäuschungen über den Mann von heute gross. Nele meldete sich auf einer Partnerplattform an und genoss die vielen wohlwollenden Kontakte mit den verschiedensten Männern. Alle wollten sie dasselbe, die grosse Liebe finden und gerade dafür schien doch diese neuartige Möglichkeit perfekt. Wie schön, das passte doch genau zu ihren Vorstellungen. Nur leider war dann die Realität nochmal ganz anders, sie war enttäuscht. Konnte es sein, dass es beim starken Geschlecht so viele beziehungsgeschädigte, unehrliche und egoistische Männer gab? Nele wollte nach einem kurzen, virtuellen Kennenlernen die Männer persönlich treffen. Sie hielt viel von ihrer Menschenkenntnis und so konnte sich eine gewisse Sympathie nur bestätigen. Weit gefehlt, entweder wurden die Dates kurzfristig abgesagt oder gar nicht erst eingehalten. Plötzlich stand ein viel älterer, viel kleinerer oder überhaupt eine ganz andere Person vor ihr. Konnte sowas sein, was war denn nur in der Männerwelt los? Nele verstand die Welt nicht mehr und ging traurig ihres Weges. Ab und zu ergaben sich lustige Treffen, bei denen im Vorfeld jedoch schon klar war: DAS ist nicht Mister Right. Am Sonntag der Besuch eines Gourmet-Kochs mit vollem Korb direkt vom Markt, Begleitung zu einem Firmenevent mit einem Top-Manager und der Besuch eines Rocker-Festivals mit der Harley. Alles recht und gut, aber keiner war DER Mann, mit dem Nele den Lebensabend anstreben wollte.

Der Sommer neigte sich dem Herbst zu und die bereits erwähnten Treffen waren ebenfalls erfolglos, Nele fragte sich schon verschiedene Male, an was es lag. War sie zu wählerisch, zu anspruchsvoll? Sie wünschte sich doch von Herzen einen bodenständigen Mann. Tierlieb, unkompliziert und das Herz am rechten Fleck sollte er haben. War das denn so viel verlangt? Die einsamen Abende und Nächte zogen sich hin und Nele saß traurig zuhause. Eines Abends setzte sie ihre treue Hundefreundin neben sich auf den Stuhl und unterhielt sich mit ihr über die momentane, unglückliche Situation. Versprach ihrer süssen Maus, dass sie sich nie in einen Mann verlieben würde, der nicht beide im Doppelpack akzeptieren würde. So wie sie nach der Trennung mit dem Exfreund auf Wohnungssuche ging, natürlich nur mit Hundebewilligung. Es war gar keine Frage oder ein Thema, dass etwas anderes passieren könnte.

Der Nebel hing über den Dächern der Nachbarhäuser, die Bäume verloren die letzten Blätter, der Winter stand vor der Tür. An der Liebessituation von Nele hatte sich bis jetzt nichts geändert. Sie hatte weder Torschlusspanik, noch war sie einsam. Nele liebte schon immer das Alleinsein, Bücher zu lesen, einen guten Film zu sehen, Zeit für sich. Durch ihren Job hatte sie sehr grossen Kontakt mit Menschen, darum war die Freizeit sehr erholsam alleine. Trotzdem fehlte etwas, die breite Schulter zum Anlehnen, Gespräche über den Alltag, das Schöne mit jemandem zu teilen.

Weihnachten stand vor der Tür, die Leute im Umfeld wurden hektisch. Überflüssige Geschenke wurden eingekauft und schreiende Kinder aus den Geschäften geschleift. Ein Graus für Nele, die Zeit der Besinnung ein Horror! Optisch ein Traum, überall die beleuchteten Häuser, Bäume behängt mit wunderschönen Leucht-Girlanden. Beruhigende Weihnachtsmusik aus den Lautsprechern, es könnte doch alles so schön sein. Nele suchte schon immer nur ganz selten irgendwelche Bars auf, auch Frauenabende waren noch nie ihr Ding. Hatte sie doch ihrer Hundedame versprochen, das Leben lang auf sie aufzupassen und die Verantwortung wahr zu nehmen, dass es ihr gut ging. Ab und zu ein gemütliches Essen mit einer Freundin war dann schon das Highlight alle paar Monate mal. Nele fand immer Kontakt zu Männern und auch anderen Frauen, an dem lag es nicht. Ihre aufgeschlossene und positive Art ver- und bezauberte immer wieder die Menschen in ihrem Umfeld. Sah sie doch das Leben und all ihre Tücken immer von der positiven Seite und fand auch vielfach für ihr Umfeld das positive Argument. An Kontakten mangelte es nicht, auch die Partnerplattform lief immer noch auf Hochtouren. Dann war es also soweit, Weihnachten! Alleine an Weihnachten, am Fest der Liebe? Konnte und sollte das so sein? Nele arbeitete noch am 24. Dezember und sehr spontan wurde ein Nachtessen mit einer Kundin abgemacht. Wohin es gehen sollte, wollten sie spontan entscheiden.

Gegen Mittag rief eine Freundin von Nele an und lud sie an einen Weihnachts-Apero ein. Oh ja, das passte doch perfekt nach der Arbeit und vor dem geplanten Dinner. Nele witzelte noch mit einer Kundin und war überrascht, dass die Freundin nochmal anrief und nachfragte, wo sie blieb. Was war denn jetzt los, sie hatten doch abgemacht und die Freundin hatte noch nie wiederholt angerufen. Ja, sie werde sich beeilen und baldmöglichst da sein. Keine Stunde später dasselbe, was sollte denn das jetzt? Nele müsse richtig Gas geben und endlich kommen. Ja wieso denn, sie sei noch nicht fertig. Plötzlich war es raus. Til sei da und wolle gehen, sie könne ihn nicht mehr aufhalten. WAS??? Ein Mann, oh nee, das wollte jetzt Nele aber auf keinen Fall und schon gar nicht als so abgekartetes Spiel! Ne ne, sie solle den bloss gehe lassen, es sei ok. Die Freundin ließ nicht locker und schlussendlich ließ sich Nele doch noch stressen. Die Freundin wollte Nele den Mann schon länger vorstellen, leider hatte dies bis jetzt nicht gepasst. Und gerade jetzt sollte das Treffen mit dem grössten Weihnachtskoller stattfinden? Nachdem Nele die Hoffnung auf ihren Traummann bereits ad acta gelegt hatte? Konnte so eine geplante Sache überhaupt funktionieren?

Nele schwang sich in ihren kleinen Stadtflitzer und fuhr auf direktem Weg in die nahe gelegene Firma der Freundin. Die Türe wurde aufgerissen, leider die Türschwelle übersehen. Vor lauter sich-Beeilen fiel Nele buchstäblich in den Verkaufsraum rein. Ach du Schande, wie peinlich war denn das?! Vom ersten Schreck erholt, bemerkte sie, dass sie jemandem am Hals hing, der sie scheinbar aufgefangen hatte. Der erste Blick ging Richtung Füße des „Retters“ und sie erblickte die coolsten Cowboy-Boots. Cowboy-Boots, die grosse Leidenschaft von Nele, schon viele Jahre. Langsam ging der Blick hoch und immer höher, ein richtiger Mann hatte sie aufgefangen, gegen zwei Meter. Ihr Blick blieb hängen in seinen stahlblauen, wunderschönen Augen. Sekunden, die sich wie Stunden anfühlten, es war kaum zu fassen. Ihr Herz klopfte bis zum Himmel und zurück, ein Kribbeln am ganzen Körper, und so wie es aussah, ging es Til ähnlich. Nur ungern lösten sie ihre Körper voneinander, es fühlte sich unbeschreiblich gut an. Nach Monaten des Alleinseins, in den Armen eines grossen, starken Mannes zu liegen, es hätte noch ewig andauern können. Da sich noch verschiedene Leute an dem Weihnachts-Apero befanden, lösten sie sich scheinbar widerwillig voneinander. Da standen sie sich jetzt also gegenüber und stellten sich erstmal vor und Nele begrüsste dann auch noch alle anderen anwesenden Personen. Augen hatten die zwei nur noch für sich und sie konnten sich kaum voneinander lösen. Til beobachtete Nele und stellte sehr schnell fest, dass sie ihm äusserst gut gefiel. Ihr Schalk in den Augen und das witzige, aufgestellte Wesen taten seiner Seele gut. Viele Monate hatte er nicht mehr viel zu lachen und sein Herz fühlte sich ab und zu sehr schwer an. Seine private und auch geschäftliche Situation machten sein Leben nicht gerade einfach. Wie gut tat ihm da dieses unbeschwerte Lachen dieser Nele! Sie gefiel ihm auch äusserlich sehr gut, eine weibliche Frau mit all den Kurven am rechten Ort. Auch Nele war fasziniert, Til gefiel ihr innerlich wie äusserlich, ein Mann mit Tiefgang und dem Herz am rechten Fleck, das spürte sie dank ihrer guten Menschenkenntnis sehr schnell. Und seine wunderschönen, treuen, blauen Augen bohrten sich in ihr Herz, der Verstand war schon ziemlich schnell ausser Gefecht gesetzt. Eigentlich wollte Til ein Auto kaufen, anstelle traf er seine Traumfrau, auch er spürte, da war definitiv mehr und das sollte auch so sein und bleiben. Irgendwann meinten dann alle, dass jetzt mal fertig sein müsse und jeder nach Hause fahren sollte, Weihnachten feiern mit den Familien. Den beiden war überhaupt nicht nach dem und schweren Herzens trennten sie sich. Natürlich wurden noch die Handynummern ausgetauscht und noch am gleichen Abend nahmen sie den Kontakt auf. Weihnachten mit den Familien war insofern anstrengend, dass beide mit dem Kopf und in erster Linie mit dem Herzen ganz woanders waren. Schon früh am nächsten Tag nahmen sie telefonisch Kontakt auf und verabredeten sich auf einen kurzen Kaffeetreff am Nachmittag. Dieser kurze Treff zog sich dann bis am Abend durch, so viele gemeinsame Themen fanden die beiden, konnten sich kaum voneinander lösen und waren bereits da bis über beide Ohren verliebt wie zwei Teenager. Nele hatte Schmetterlinge im Bauch wie schon seit Jahren nicht mehr und Til konnte sich kaum sattsehen an seinem blonden Gegenüber. SO fühlte sich vermutlich die wahre Liebe an, so musste es einfach sein. SO wurde es doch in allen Liebesfilmen und Liebesromanen beschrieben. Nele hing buchstäblich an den Lippen von Til, der aus seinem Leben berichtete. Ihn faszinierte einen Tag später immer noch ihre unkomplizierte und herzliche Art. Ihr schien er einfach zu gefallen, genauso wie er war, ohne Wenn und Aber. Til fühlte sich äusserst wohl und angenommen in der Anwesenheit von Nele, sie schien von ihm angetan und begeistert. Etwas, das er in vergangenen Jahren so nicht mehr spürte, sein Selbstbewusstsein war schwer angeschlagen und er konnte anfänglich sein Glück gar nicht fassen. Nele gab ihm in kürzester Zeit das grösste Geschenk, den Glauben an sich selber. Er fühlte sich angenommen und männlich ohne Ende, sein angeknackstes Selbstbewusstsein durfte Tag für Tag wachsen. Im Gegenzug gab er Nele die Geborgenheit und Sicherheit, die sie viele Jahre vermisste und ihr so wichtig waren.

Nach einer Woche packte Nele ihr Hab und Gut und zog in die grosse Wohnung von Til, die er alleine bewohnte und die nur darauf wartete endlich Leben zu erhalten. Beruflich waren beide sehr engagiert und die kurze gemeinsame Zeit wurde aus tiefstem Herzen genossen. Der Austausch war äusserst spannend und immer wieder mussten die beiden feststellen, dass ihre Herzen einfach zusammen gehören mussten! So viele Gemeinsamkeiten, so viele gemeinsame Träume, sie konnten ihr Glück nicht fassen. Immer wieder versanken sie in ihren Augen und landeten immer wieder im Herzen, das gleichzeitig zu schlagen schien. Ohne Worte wurde verstanden, ohne Worte genoss man einfach die Anwesenheit und träumte von mehr. Nele konnte ihr Glück bis heute nicht fassen, einen Mann kennenzulernen, mit riesigem Herz und einer Grosszügigkeit ohne Ende. Til wiederum war immer wieder fasziniert von Nele’s positiver Art, das Leben zu sehen, sie konnte ihn immer wieder aus tristen Gedanken holen und ihm täglich den Glauben an sich selber bestärken. Seine Lebensfreude wuchs täglich, seine Selbstliebe ebenfalls… Eines Abends fasste er allen Mut zusammen und machte Nele einen Heiratsantrag – ihr verschlug es die Sprache vor lauter Freude. Das Glück nahm seinen Lauf und schien nicht enden zu wollen, die gemeinsame Hochzeit die Krönung ihres grossen Glückes.

Das ist Liebe – wahre Liebe – unendliche Liebe!

 

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